Anreise (Kapitel 8)

Es war Punkt 18 Uhr, als die Wagen des Wanderzirkus Drygansil auf einer sehr großen Festwiese hielten. Diesmal stellten die Kutscher die Wagen nicht in einem kleinen Kreis auf, sondern als ein großes Viereck. Und mit groß ist hier wirklich riesig gemeint. Luy war aus seinem Wagen gestiegen und gab den Artisten seiner Crew Anweisungen.
George, Svenja und Mike kletterte auch vom Kutschbock, als sie ihren Wagen postiert hatten. Die Aufregung war den dreien anzusehen. Tim und Lucky bellten und wedelten mit den Schwänzen. Sie wurden von der Aufregung angesteckt und umkreisten die drei Freunde.
Erst mal wurde das Abendessen abgehalten. Jeder bekam Brote mit Schinken und Käse. Mehr gab es nicht, denn es war ja noch viel zu tun und mit der Zeit würde es sonst knapp werden.
„Los, wir sollten uns als Hilfe anbieten“, meinte Mike, nachdem die drei Kinder fertig mit dem Essen waren. „Es ist noch viel zu tun und viel Zeit haben wir nicht mehr.“
„Stimmt“, meinte Svenja und steuerte den Zirkusdirektor an. George folgte den beiden nervös. Jetzt würde sie lernen, wie ein Zirkus arbeitete, wenn er ankam. Und sie wusste, dass es anstrengend werden würde.
„Luy, wir wollen helfen“, bot Mike an.
„Helfen. Das ist sehr gut“, sagte Luy mit einem erleichterten Lächeln. „Wir müssen die Koppeln bauen, die Pferde und Elefanten getrennt, so wie immer. Außerdem könnt ihr, wenn ihr damit fertig seid, euch um die Tiere kümmern. Die Pferde und Elefanten auf die Koppel und die Hunde füttern. Ihr wisst das ja schon.“
„Jawohl, Sir!“, meinte Mike und ahmte die Geste nach, die ein Matrose tat, wenn er einen Auftrag bekam.
Luy lachte leise.
„Na dann, an die Arbeit mit euch!“, sagte er und lief dann wild mit dem Armen fuchtelnd zu zwei Artisten, die angefangen hatten, die Zeltbestandteile vom Wagen zu laden. „Was macht ihr denn da?! Doch nicht so, sondern so…!“
Die Kinder wandten sich ab.
„Und jetzt?“, fragte George aufgeregt.
„Holen wir uns die Zäune“, erzählte Mike.
„Zäune?“, widerholte George. „Ist das nicht anstrengend, immer die Zäune mitzuschleppen?“
„Nein, so meinte ich das ja auch nicht“, lachte Mike. „Wir nehmen immer nur Pfosten mit, diese rammen wir in den Boden und binden den Elektrozaun an. Der ist aber nie geladen, das würde zu viel Geld kosten.“
„Ja, die Pferde hüten sich trotzdem davor, denn sie wissen, dass er geladen sein könnte“, ergänzte Svenja.
„Ach so“, kicherte George. „Ich dachte schon.“
Die drei Kinder, und die beiden Hunde, liefen zu einem Wagen. Er war beladen mit Pfählen. Mike nahm einen Pfahl, George und Svenja trugen zusammen einen.  Erst jetzt bemerkte George, wie schwer so ein Pfahl war. Das Ding war zwar ziemlich dünn, hatte aber Gewicht. Sie schleppten die Dinger etwas weiter nach hinten, sodass genug Platz für das Zirkuszelt und viele Besucher war. Dann legten sie die beiden Pfähle ab.
„So, helft mir mal“, meinte Mike und hob seinen Pfahl wieder auf. „Wir müssen den rein rammen.“
„Wäre da nicht ein Hammer besser?“, schlug George vor.
„Oh Mist, stimmt ja“, stöhnte Mike. „Hab ich vergessen.“
George grinste und lief los. Sie nahm den Hammer vom Wagen und ging zurück zu Svenja und Mike.
„Komm, lass mich das machen“, meinte Mike. „Das ist doch viel zu anstrengend für dich.“
„Was?“, brauste George sofort auf. „Nie im Leben!“
Dann begann sie, auf den Pfahl zu hämmern. Langsam bohrte der sich in den fruchtbaren Boden der Wiese. Das Mädchen hämmerte weiter, bis er tief im Boden steckte und ein Pferd ihn nicht mehr umrennen konnte.
„Nicht schlecht“, meinte Mike. „Aber… na ja… Zu langsam. Den nächste hämmere ich.“
George hob eine Augenbraue, nickte und hob den nächsten Pfahl hoch. Mike begann, zu hämmern. Auch dieser steckte bald fest im Boden. Allerdings hatte es etwas länger gedauert als bei George. Und es war von vorherein klar gewesen, das Mike nur hatte hämmern wollen, um besser zu sein als George. Auch George war dies klar und sie schmunzelte vergnügt.
„Noch einer“, forderte Mike ehrgeizig.
George nickte. Svenja lächelte amüsiert. Auch sie verstand jetzt.
Mike hämmerte den nächsten Pfahl in den Boden und die beiden Mädchen holten den Nachschub. Mike versuchte immer weiter, schneller und besser zu sein als George, dass er gar nicht bemerkte, dass er die ganze Arbeit alleine machte. Die Mädchen trugen nur die Pfähle, er aber hämmerte und hämmerte und hämmerte.
Bis irgendwann kein Pfahl mehr übrig war.
„Was, schon fertig?“, fragte er überrascht.
„Ja, schon fertig“, meinte George und grinste. „Gut gemacht.“
„Ach, kein Problem“, meinte Mike. „War doch ganz einfach.“
Von wegen. Mike war verschwitzt und man sah ihm eindeutig an, dass sein Arm wehtat, mit dem er die ganze Zeit die Pfähle in den Boden gerammt hatte. Aber das wollte er sich nicht ansehen lassen.
„Jaja“, zwinkerte George. „Danke, dass du die ganze Arbeit gemacht hast.“
Jetzt kapierte auch er. Das war ein Trick gewesen. Ein ganz simpler Trick! Und er war darauf reingefallen!
„Du wolltest mir gar nicht beweisen, dass du besser bist als ich?“, fragte er George.
„Doch doch“, meinte George. „Aber ich wusste eh schon, dass meine Zeit besser wäre als deine. Und ich wusste auch, das Jungs so was nicht auf sich sitzen lassen.“
„Also echt jetzt, das stimmt doch gar nicht…“, erwiderte Mike und wurde rot. „Oder doch…?“
„Du hast es mir gerade bewiesen“, lachte George.
Mike schnaubte beleidigt.
„Ach, ist doch nicht so schlimm. Ruh du dich doch aus, wir machen den Rest“, meinte Svenja und lächelte Mike an. „Okay?“
„Ja“, meinte Mike dankbar. Er setzte sich auf den Wagen und sah den beiden Mädchen, die mit der Rolle Stromkabel-Zaun losliefen, nach. Langsam begriff er, wie gerissen George war.
George und Svenja wickelten die Kabel um die Pfähle und ließen ein Tor offen. Das verriegelten sie mit zwei Holzbrettern. Nun konnte man die Koppel auch auf und zu machen.
George sah auf die Uhr. „Oha, schon 20 Uhr!“
„Dann müssen wir uns beeilen, bevor die Sonne untergeht! Lasst uns die Pferde und Elefanten holen“, meinte Svenja.
Mike stand auf. „Okay.“
Die Sonne begann bereits unterzugehen. Der Himmel wurde langsam dunkel und überall leuchteten schon die Lampen an den Zirkuswagen oder die Laternen, die Artisten aufgestellt hatten.
Die drei Kinder gingen zu den Pferden, die an Pfosten angebunden worden waren. Auch Sammy war unter ihnen. George lächelte und strich ihrem Freund über den Hals. Wo Tim und Lucky waren, wusste sie nicht. Die beiden waren während der Zaunarbeiten fortgelaufen, um den Zirkus zu erkunden.
Die drei Kinder begannen, das Fell der Pferde, und auch der beiden Zebras, zu bürsten und sie zu pflegen. Sie ließen die Tiere saufen und gaben ihnen das Kraftfutter. Den Rest sollten sie selber finden, schließlich gab es auf der Koppel genug nahrhaftes Gras. Als alle Pferde und Zebras fertig waren, nahm George die Stricke und band diese an den Pferden an. Mit fünf Pferden an der ‚Leine‘ ging sie zur Koppel. Svenja und Mike ebenfalls. Dabei hatte Svenja auch die beiden Zebras mitgenommen. Sie führten die Tiere hinein und banden sie los. Schon preschten die ersten weg vom Gatter und über die Wiese. Andere blieben stehen und begann zu fressen. Die beiden Zebras folgten den Pferden und rannten zum anderen Ende der Koppel.
Sammy sah George noch einmal an, dann trabte auch er davon.
„Jetzt noch die Elefanten“, meinte Mike. „Ich kann langsam nicht mehr…“
„Ich auch“, murmelte Svenja erschöpft. „Aber da müssen wir durch.“
„Also ihr seid ja Flaschen“, bemerkte George. Sie war noch lange nicht müde. In den Ferien war sie immer unterwegs, auf der Suche nach neuen Abenteuern. Sie schwamm fiel und bewegte sich eigentlich immer den ganzen Tag.
„Du nicht?“, fragte Mike und sah sie erstaunt an.
„Nö, warum auch? Das war bisher noch nix.“
„Jetzt übertreibst du aber.“
„Schon gut, aber ich bin sonst auch immer den ganzen Tag unterwegs, arbeite mit Tim und Lucky, wandere…“
„Okay, das reicht. Du bist noch nicht erschöpft, hab verstanden“, unterbrach Mike schließlich. „Was hältst du davon, wenn wir uns ausruhen und du die Elefanten putzt…?“
„Denkst du wirklich, ich bin so blöd?“, schnauzte George lachend. „Nee nee, das machen wir schön zusammen. Dann sind wir auch schneller fertig.“
So gingen George, Svenja und Mike zu den Elefanten. Mithilfe von Nils und Mysla, die beiden Dresseure, schrubbten sie die Elefanten und gaben ihnen ihr Fressen. Dabei erfuhren sie gleich, dass die Hunde schon versorgt waren und Tim und Lucky sich bei ihren Artgenossen aufhielten.
Der Zirkus hatte insgesamt zwei Elefanten, aber es war anstrengend, die beiden großen Tiere von oben bis unten zu bürsten. Schließlich aber waren sie fertig und brachten die beiden auf ihren abgetrennten Teil der Koppel.
Mittlerweile wurde es schon dunkel. Die Uhr zeigte 22 Uhr an.
„Jetzt wäre Bettruhe“, meinte Mike. „Ich bin auch hundemüde.“
„Ja, ich auch“, stimmte Svenja zu und gähnte.
„Okay, langsam will ich auch ins Bett“, gab George zu. „Der Tag war anstrengend. Aber ohne Tim und Lucky gehe ich nicht schlafen. Wartet, ich hole die beiden.“
Damit verschwand George und kam schon bald mit ihren Hunden zurück. Jetzt gingen die fünf in den Wagen und machten sich bettfertig. Sie putzten sich die Zähe und kuschelten sich in ihre Decken.
Tim und Lucky platzierten sich wie immer neben George und schon war es ruhig in dem Wagen mit der Nummer 4. Es hatte nicht mal mehr für ein ‚Gute Nacht‘ gereicht, denn die drei waren bereits eingeschlafen.
Tim hob seinen Kopf und sah nochmal wachsam durch den Wagen. Das hier war eine für ihn ungewohnte Umgebung, er musste aufpassen. Als er nichts Verdächtiges fand, legte auch er den Kopf auf seine Pfoten und schlief, aber natürlich nur mit einem Ohr, ein. So wie immer eben.

© by George28

Kommentare: 7 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Hannes (Sonntag, 20 Oktober 2013 13:14)

    Der Konkurenzkampf zwischen George und Mike war einfach nur genial :)

  • #2

    George28 (Sonntag, 20 Oktober 2013 19:09)

    Danke ;)

  • #3

    Hannes (Mittwoch, 06 November 2013 15:05)

    Wann gibt's den das nächst Kapitel? Ich freue mich schon drauf... :]

  • #4

    George28 (Mittwoch, 06 November 2013 16:06)

    Jaja, ich hab garde kaum Zeit... Und dann schreibe ich für ein RS auch zurzeit immer Vergangenheiten meiner RS-Figuren. ;) Ich setzte mich am Wochenende mal rann, hoffe ich.

  • #5

    fuenffreundegeorg (Freitag, 20 Dezember 2013 11:44)

    bis jetzt sehr gut. Bitte schreibe sie noch zu Ende!!!!!!!!!!!!!:):):)

  • #6

    Leonie (Montag, 06 Januar 2014 01:40)

    Ja mach das ich brauche etwas zzm lesen.

  • #7

    George Kirrin (Mittwoch, 03 September 2014 15:06)

    Echt cool. Mach weiter so.
    Eine Kleinlichkeit bei “schwamm viel“ hast du viel mit f geschrieben.